Neue Bezirkswappen - Naturalismus unerwünscht
Die Motivsuche der Großbezirke geht recht schleppend voran
Eigentlich wollte der Senat allen Fusionsbezirken im Sommer auf einer Feierstunde
die neuen Wappen verleihen. Doch in manchen Rathäusern tut man sich schwer bei
der Motivsuche. Erst drei der neun zum Jahresanfang gebildeten Großbezirke
haben bisher Anträge bei der Innenverwaltung eingereicht, zwei weitere zumindest
Entwürfe vorgestellt. In den Bezirken, die mit all ihren Teilen im Osten liegen, hat
man es dagegen mit der optischen Identität nicht so eilig.
Eigentlich sollten alle Vorschläge bis Ende dieses Monats vorliegen und
gemeinsam verabschiedet werden. Jetzt werden die Anträge "sukzessive
abgearbeitet", so Detlef Kaulitz von der Innenverwaltung. Der Senat lässt die
Entwürfe von Experten begutachten und erteilt gegebenenfalls Auflagen zur
Nachbesserung. Geprüft wird, ob die Entwürfe heraldisch richtig und historisch
zutreffend sind, sagt Dr. Regina Rousary vom Landesarchiv. So dürfen
beispielsweise nur bestimmte Farben sowie die in der Regel weiß und gelb
dargestellten Metalle Gold und Silber benutzt werden. Perspektivische und
naturalistische Darstellungen sind unerwünscht. Kontrolliert wird auch, ob die
gewählte Symbolik ausreichend erklärt ist.
Charlottenburg-Wilmersdorf
Zu den ersten Bezirken, die sich auf ein neues Motiv einigten, gehörte
Charlottenburg-Wilmersdorf. Bereits Ende vergangenen Jahres haben es die damals
noch doppelten Bezirksämter und Bezirksverordnetenversammlungen in
gemeinsamen Sitzungen beschlossen. Das blaue Burgtor Charlottenburgs ist etwas
geschrumpft, darüber befinden sich jetzt die drei blau-silbernen Lilien aus dem
Wilmersdorfer Wappen.
Tempelhof-Schöneberg
Templer und Hirsche -
Ähnlich fix war Tempelhof-Schöneberg. Hier entschieden sich die Verantwortlichen
für eine senkrechte Teilung. Die linke Hälfte zeigt das rote Kreuz des Ritterordens
der Templer. In der rechten Hälfte ist einer der beiden roten Hirsche Schönebergs
erhalten geblieben.
Steglitz-Zehlendorf
Dritter im Bunde der schnellen Bezirke ist Steglitz-Zehlendorf,
wo man sich ebenfalls im Dezember in Abstimmung mit den Heimatvereinen für ein
dreigeteiltes Motiv entschied. Links oben die grüne Zehlendorfer Kiefer auf rotem
Dreiberg, rechts daneben der Steglitzer Reichsadler. Darunter befindet sich einer
der Stege aus dem Familienwappen der Familie Stegelitz über dem silbernen
Wellenschlag Zehlendorfs.
Friedrichshain-Kreuzberg
Einen echten Volksentscheid hat man in Friedrichshain-Kreuzberg herbeigeführt,
wo in einem Schülerwettbewerb über 170 Entwürfe entstanden. Bei einer
Ausstellung konnten die Bürger abstimmen und kürten das Motiv der
Friedrichshainerin Nancy Hörnke zum Sieger. Er vereint den silbernen Stralauer
Karpfen und die Oberbaumbrücke aus dem Wappen Friedrichshains mit dem
dahinter aufsteigenden, halb gemauerten Kreuzberger Tatzenkreuz. Der Entwurf
wird nun von Heraldikern überarbeitet und soll dann nach Beschlüssen von
Bezirksamt und BVV beim Senat eingereicht werden.
Mitte
Auch der kürzlich vom Bezirk Mitte (mit Tiergarten und Wedding) vorgestellte
Entwurf des Grafikers Theodor Lorenz ist noch nicht bei der Innenbehörde
eingegangen. Hier wurde nicht versucht, die drei bisherigen Bezirkswappen zu
kombinieren. Die Mitte bildet ein Bär, der ein Schild mit einem Zepter trägt, womit
auch das Regierungsviertel symbolisiert werden soll. Darum befinden sich drei
weiße und drei rote Elemente in Anlehnung an die drei Fusionsbezirke und die
Arbeiterbewegung.
Marzahn-Hellersdorf
In Marzahn-Hellersdorf will das Bezirksamt in der kommenden Woche zunächst
"über die Bildung einer Wappenkommission und das weitere Verfahren zur Findung
eines Bezirkswappens" beschließen, so Sprecherin Bärbel Felber. Das bisherige
Marzahner Wappen zeigt - getrennt durch ein silbernes M - ein Zahnrad auf rotem
Grund für die Industralisierung und fünf goldene Ähren auf grünem Grund als
Symbol für die ursprünglich fünf ländlichen Ortsteile. Während es 1992 vom Senat
bestätigt wurde, hatte das 1986 abgetrennte Hellersdorf als einziger Bezirk nach
der Vereinigung kein Wappen beantragt. Das alte DDR-Motiv zeigte über drei
Hochhäusern den Berliner Bären sowie einen Blumenstrauß als Symbol für die LPG
Pflanzenproduktion.
Pankow
Das Wappen von Pankow-Prenzlauer Berg-Weißensee ist in Arbeit, erfuhren die
Bezirksverordneten auf ihrer jüngsten Sitzung. Doch sei in den nächsten Wochen
noch nicht mit einem Entwurf zu rechnen, hieß es da. Ähnlich verhält es sich in
Treptow-Köpenick. "Wir sind im Moment mit unseren Doppelwappen noch
zufrieden", sagt der Bezirksamt-Sprecher Hans-Rainer Harder. Mit der Suche nach
einem neuen Motiv habe man es "keineswegs eilig". Carmen Weber vom
Bezirksamt Lichtenberg-Hohenschönhausen sagt: "Uns geht es erst einmal um die
endgültige Namensregelung, über die Wappenfrage wird der Kulturausschuss
später entscheiden".
Der Innenverwaltung liegen indessen die Gutachten für die bisher eingegangenen
drei Anträge vor. Ob Bedenken gegen die Vorschläge bestehen und wenn ja,
welche das sind, will Detlef Kaulitz nicht verraten. Zunächst sollen die betroffenen
Bezirke informiert werden.
Quelle: www.tagesspiegel.de / 2000 © Tagesspiegel Online Dienste Verlag GmbH